Bernstorf
und Nebra
Die Funde von Bernstorf sind echt, was
ist mit der Scheibe von Nebra?
Heribert Illig
Bernstorf: Ein Buch
voller Gutachten gegen Fälschungsvorwürfe
Vorabdruck aus
Zeitensprünge 1/2017
Gebhard, Rupert / Krause, Rüdiger (2016): Bernstorf ·
Archäologisch-naturwissenschaftliche Analysen der Gold- und Bernsteinfunde vom
Bernstorfer Berg bei Kranzberg, Oberbayern (Bernstorf-Forschungen 1,
Abhandlungen und Bestandskataloge der Archäologischen Staatssammlung, Bd. 3
zugleich: Frankfurter Archäologische Schriften, Bd. 31; Archäologische
Staatssammlung, München, 319 S., [= G/K], vorgestellt am 09. 01. 2017
Ab der ersten Auffindung von Gold am Bernstorfer Berg,
1998, wurden sehr schnell Fälschungsverdachtsmomente lanciert und immer wieder
befeuert. Deshalb hat sich die Archäologische Staatssammlung München als
Eigentümerin der Gold- und Bernsteinfunde 2014 nicht nur dazu entschlossen, den
Reinheitsgrad der ‘mykenischen Goldfunde’ von unabhängiger Seite, von der Bundesanstalt
für Materialforschung und -prüfung (BAM)
in Berlin, untersuchen zu lassen, sondern auch eine Vielzahl weiterer
Prüfungen anzustoßen und zu veröffentlichen. Zu Jahresbeginn ist dieser
gewichtige Band von Museumsdirektor Prof. Rupert
Gebhard und Grabungsleiter Prof. Rüdiger
Krause, Frankfurt, präsentiert worden. Dem Freundeskreis des
Museums – „freunde der bayerischen vor- und frühgeschichte“ – wurde das
Buch von Gebhard am 19. 01. vorgestellt; der Rezensent konnte zuhören. Vorab:
Der technische Untersuchungsaufwand war beträchtlich:
Elektronenstrahlmikrosonde (Frankfurt, München),
FTIR-Spektrometrie,
Laser Ablation Massenspektrometer (Frankfurt),
Mößbauerspektroskopie (München),
Neutronen-Aktivierungsanalyse (NAA),
München,
Rasterelektronenmikroskop,
Röntgenfluoreszenzanalyse mit Synchrotronstrahlungsanregung
(BAM),
Stereomikroskop (Toulouse),
Thermolumineszenzanalysen.
Die ‘Steine’ des Anstoßes: 16 teils
fragmentierte Goldbleche mit einer Materialstärke von 0,08 bis 0,07 mm und
einem Gesamtgewicht von 104,4 g [G/K 165].
Rekonstruiert wurden ein Diadem und eine Goldnadel (Zepter). Weiter geht es um
56 Bernsteine, sechs durchbohrt, zwei mit Gravuren. Weil der Archäometallurg
Prof. Ernst Pernicka an der
Reinheit des Goldes Anstoß nahm und nimmt, während andere Forscher die Bernsteingravuren
für Fälschungen halten, werden in dem Buch 18 Fachbeiträge abgedruckt, die mit
einer historischen Ausnahme für das Buch in Auftrag gegeben worden sind.
Goldreinheit
Die neuerliche Reinheitsprüfung für das Gold wurde im
August/September 2015 von der BAM
erstellt. Die Reinheit ist mit 99,99 % [G/K 203,
74, 80] tatsächlich erstaunlich hoch. Allerdings sind bei zwei Proben
98,35 bzw. 99,7 % gemessen worden. Das sollte bei einer modernen,
elektrogalvanischen Fertigung mit gleichbleibendem Fertigungslevel nicht
passieren, zumal Cadmium und Zink fehlen, obwohl sie in modernem Gold auftreten [G/K 74]. Ab da geht es in vielen Detailschritten
weiter.
Zunächst beleuchtet Harald
Schulze die Schwierigkeiten mit Fälschungen anhand einer
vermeintlich mykenischen Eberjagdszene auf einem Goldblech [G/K 190-194]. Es wurde 2014 im Kunsthandel
angeboten; zu dem Angebot gehörte eine archäometallurgische Untersuchung, die
ausgerechnet Pernicka als
beigezogener Sachverständiger so resümiert:
„sind weder bei der chemischen Zusammensetzung noch beim äußeren
Erscheinungsbild eindeutige Auffälligkeiten erkannt worden, die auf eine
Fälschung hinweisen würden. Es handelt sich allerdings um ein auffällig reines
Gold“ [G/K 190],
das er jedoch nicht als gefälscht bezeichnet. Mit stilkritischen
Begründungen demonstriert Schulze,
dass hier ein Detail von der berühmten François-Vase auf Metall übertragen
worden ist, wobei u.a. die üblichen Keramikbeschriftungen übernommen wurden,
die jedoch auf Metall nicht üblich waren, dazu grobe Vereinfachungen und
mehrfache Missverständnisse der antiken Bildsprache auftraten, so dass erneut
das Goldblech geprüft wurde. Nun bewiesen Röntgenaufnahmen, dass es sich um ein
modern gewalztes Blech handelt.
„Das Beispiel zeigt, dass die chemische Analyse des Goldes in
diesem Falle keine Entscheidung über die Authentizität des Objektes liefern
konnte, während die Analyse der handwerklichen und motivischen Elemente ein
eindeutiges (in diesem Falle negatives) Ergebnis erbrachte“ [G/K 194].
Im Falle Bernstorf postuliert Pernicka, das Unterschreiten
eines bestimmten Kupfergehalts (0,01 % [G/K 75
f.]) weise automatisch auf eine elektrogalvanische Gewinnung hin, doch
das „ist in mehrfacher Hinsicht höchst fragwürdig und in keiner Weise zwingend“
[G/K 21], wie Gebhard anschließend zeigt. Die Goldreinheitsprüfung ist
auch beim Bernstorfer Gold unter Fälschungsaspekten nicht trennscharf.
Messungen mit einer Elektronenstrahlmikrosonde ergaben, anders als bei
elektrogalvanischem Gold [G/K 78],
signifikante räumliche Inhomogenitäten bei Silber, Kupfer, Zinn, Antimon,
Palladium und Wismut:
„Diese deutlichen Schwankungen im Spurenmetallgehalt bereits in
der kleinen untersuchten Probe weist [sic]
deutlich darauf hin, dass es sich bei der untersuchten Goldprobe trotz durchaus
vergleichbarer Reinheit nicht um auf galvanischem Wege erzeugtes Feingold
handeln kann, das eine viel gleichmäßigere Spurenelementverteilung aufweist“ [G/K 203].
Wie kommt dann die hohe Reinheit zustande? Dazu macht Gebhard Tiegelexperimente, bei denen –
bei einer Ausgangslegierung von 90 % Gold, 6 % Silber und 4 % Kupfer [vgl. G/K 186] – der Zementationsprozess mit
Alaun und Salzmischungen sehr wohl derart hohe Reinheitsgrade erbrachte,
wohlgemerkt bereits bei der ersten Wiederholung einer Zementation [G/K 21, 75]. Karl
Thomas Fehr und Rupert Hochleitner
weisen außerdem darauf hin, dass es in Nieder- wie in Nordbayern praktisch
silberfreies Waschgold gibt [G/K 85, 203],
auch sehr kupferarmes Flussgold [G/K 22]. Pernicka selbst hat am Freisinger
Domberg gefundene Goldflitter analysiert (2015 publiziert): Ihr Goldgehalt
liegt bei 98 bzw. 99 %, der Kupferanteil liegt mit 0,0057 % unter der von ihm
bei 0,01 % angesetzten Reinheitsgrenze [G/K 85]!
An Münzen – keltischen Regenbogenschüsselchen – lässt sich
zeigen, dass sie im Randbereich, aber nur an der Oberfläche, durch chemische
Austauschprozesse mit ihrem Umfeld praktisch reines Gold nahe 100 % aufweisen
können [G/K 22; 258], obwohl bei diesem
Prozess Gold in den Boden abwandert. (Wer es exotisch will, lässt absolut
reines, sogenanntes authigenes Gold durch Bakterien erzeugen [G/K 112].) Da Reinheitsmessungen mit
Röntgenfluoreszenzanalyse zerstörungsfrei arbeiten, dringen sie laut Martin Radtkes BAM-Bericht nicht in das Prüfmaterial ein [G/K 209], weshalb die Aussagekraft dieser
Analysen beschränkt bleibt (auch wenn Radke
von einer Fälschung ausgeht [Rauchhaupt]).
Was Erstellung und Bearbeitung angeht, so sind sie für Barbara Armbruster einigermaßen frappierend:
„Das Ensemble von Bernstorf ist exzeptionell für die
Mittelbronzezeit und seine Echtheitsfrage ist nach wie vor in der Diskussion.
Ungewöhnliche und unklare Fundumstände, das hochreine Material, sogar die
Objekttypologie und das Fehlen von Vergleichsfunden geben dem Ensemble einen eigenartigen
Charakter. Aus der europäischen Bronzezeit sind weder Artefakte aus
vergleichbar reinem Gold noch in ähnlicher Machart bekannt. Allerdings können
die Werkzeugspurenanalyse und die handwerklichen Merkmale auch keinen Nachweis
für eine Fälschung erbringen, da keine modernen Gerätschaften verwendet wurden.
Es lassen sich die Verwendung von Blechstreifen und eine schlechte Verarbeitung
mit rudimentären Techniken erkennen, was für das mittelbronzezeitliche
Goldschmiedehandwerk ungewöhnlich erscheint“ [G/K
174 f.].
Andererseits widersprechen die Oberflächen mit ihren
willkürlichen Kratzern [G/K 86],
vielleicht durch Steinwerkzeug hervorgerufen [G/K
94], sowohl im makro- wie im mikroskopischen Bereich entschieden einer
maschinellen Glättung [G/K 86, 92; Gebhard].
Die mikroskopischen Schneidspuren an den Goldblättern lassen sich mit Silex
(Feuerstein) nachvollziehen [G/K 95]. Zu
beachten ist, dass frische Kratzer an den Rillen Grate erzeugen, die später
wieder abgetragen werden. Maschinelle Glättung hinterlässt regelmäßige Spuren,
Glättung von Hand erzeugt hingegen inhomogene, auch kreuzweise Spuren [G/K 86, 91]. Bei den dünnen, gefalteten
Goldfolien war mindestens eine Festsinterung festzustellen [G/K 92], die einen Fälscher überfordern würde.
Die Analysen betrafen auch Anhaftungen
an den Fundstücken, die von den in Bernstorf anstehenden Böden stammen:
„Bei Gegenüberstellung der Eigenschaften des Fundmaterials
weisen alle Parameter darauf hin, dass das Bodenmaterial von den
archäologischen Funden ursprünglich aus einer Tiefe zwischen 10 und maximal 25
cm stammt. Da der Prozess der Podsolierung [= Prozess der Umlagerung
metallorganischer Verbindungen im Boden durch sickerndes Wasser aus dem Ober-
in den Unterboden; HI] nicht in einem Zeitraum weniger Jahrzehnte abgeschlossen
ist, kann davon ausgegangen werden, dass das Bodenmaterial der Funde autochthon
dem Bodenbildungsprozess ausgesetzt war“ [G/K
243].
Es gibt auch Einflüsse, die einem Fälscher mit Sicherheit
nicht bewusst gewesen wären, etwa die radioaktive Belastung durch den
Reaktorunfall von Tschernobyl. „Die spezifische Aktivität ist in einer Tiefe
von 20 cm um etwa einen Faktor 100 geringer als in der obersten Humusschicht
des Bodens“, weshalb die Probe der Ummantelung des Goldfundes „am besten zu der
Bodenprobe aus dem Tiefenbereich 15–20 cm passt“ [Vier
Forscher lt. G/K 247]. Dem entspricht auch die Verteilung der
Eisenisotope 57Fe [G/K 250].
Ein bislang kaum beachtetes Phänomen ist ein stark erhöhter
Goldgehalt in Bodenproben direkt bei den Goldfunden [G/K 257]. Dies bestätigt sich bei einer „noch am Objekt
befindliche[n] Sedimentanhaftung aus Bernstorf“ [G/K
259]. Die Ummantelung des Goldfundes zeigt eine Gold-Konzentration vom
96 bis 280-fachen gegenüber einer Standardbodenprobe von ca. 1 für dieses
Gebiet [G/K 261], so Ursel und Friedrich Wagner sowie Gebhard.
Geprüft wird von Paola
Paoletti auch, ob das Zementationsverfahren im Mesopotamien des
-2. Jtsd. bereits eingesetzt worden ist. Das lässt sich mit keilschriftlichen
Quellen belegen [G/K 177-182].
Altägypten: Die Sargwanne des Echnaton war mit einem
goldenen Gitternetz belegt. Bei ihm liegt ein Reinheitsgrad von 97,8 % vor; in
mehreren Proben wurden <99,6 % gemessen [G/K
81]. Erzeugt wurde es mit dem Zementationsverfahren, hier erstmals für
Altägypten nachgewiesen. Das Gold wurde in Blättern von bis zu 50 cm Länge
aufgelegt, „die bislang größten bekannten Goldfolien des Altertums“ [Grimm in Grimm/Schoske, 72, 85; G/K 102], die
sich in Bernstorf wiederholen (hier Länge ›44,2 cm [G/K
101]). Aus böhmischen Hügelgräbern sind mittlerweile ebenfalls lange
Goldstreifen und -folien bekannt. Prüfungen ergeben einen Goldgehalt von 99,9 %
[G/K 105-108].
Ein verkohltes Stabfragment in einem spiralförmig
gewickelten Goldblech führte wiederholt zu Fälschungsbehauptungen. Das Holz
ergibt 14C-Datierungen von ca. 1375–1268 [G/K 213]; unterstellt wurde, es sei vom Fälscher aus dem
abgebrannten, bronzezeitlichen Wall geholt und in die gedrehten Goldfolien eingesetzt
worden, um ihnen eine passende Datierung in der mittleren Bronzezeit zu
sichern. Der Altersfrage des Holzes widmen sich Bernd
Kromer und Helene Hoffmann.
Zur Fälschungsbehauptung: Eine solche Fundmanipulation ginge wegen seiner
großen Zerbrechlichkeit nur nach einer speziellen Tränkung des Holzes. Nun
zeigt das Holzstück 11 bis 12 Zurichtungsflächen; außerdem belegen feinkörnige
Sedimentreste, dass von dem Holz ein kleines Teil abgebrochen und im Boden
gelagert worden ist [G/K 114 f.].
Weiter wurde als vermeintlicher Fälschungsbeweis genannt:
Das in Kontakt mit dem verbrannten Holz stehende Gold müsste geschmolzen sein.
Dem kann entgegengehalten werden, dass das Gold sehr wohl Brandspuren zeigt [Bilder G/K 111], aber nicht wegen des Holzes,
das bei niedrigerer Temperatur verkohlt ist. (Schmelzpunkt des Goldes = 1.064°,
in Legierungen niedriger; der Flammpunkt von Eiche liegt bei 270°.) Die
Ummantelung dieses Objektes zeigt den dramatisch erhöhten Goldgehalt; sie kann
deshalb „als primäre Fundumgebung angesehen werden“ [G/K 118].
Schließlich wurden im Doerner Institut organische
Reste auf den Goldblechen geprüft:
„Als weiteres Ergebnis ist herauszustellen, dass Bestandteile
aus Harzen, Wachsen oder Ölen nicht nachweisbar sind. Diese Feststellung
widerspricht eindeutig der These Pernickas, das beobachtete organische Material
wäre typisch für moderne Materialien bei der Herstellung“ [G/K 116].
Es kann also den wichtigsten Fälschungsbehauptungen Paroli
geboten werden. Nichtsdestoweniger regen Gebhard
und Krause ein interdisziplinäres
Kolloquium zur Klärung weiterer Tatbestände an.
Bernsteinprüfung
Wie die Goldfunde werfen auch die beiden gravierten Bernsteine
Fragen auf. Baltischer Bernstein ist immer wieder in Bernstorf geborgen worden,
vor und nach den spektakulären Funden aus dem Jahr 2000, insgesamt 56
Bernsteinstücke und -splitter (1997–2005) [G/K
267/272]. Ältere Oberflächen mit längerem Luftkontakt zeigen keine
Fluoreszenz mehr.
„Die Beschäftigung mit diesem Phänomen führte nach der
Freilegung der Bernsteine von Bernstorf dazu, dass diese kontinuierlich im
Dunkeln und unter Wasser aufbewahrt werden“ [G/K
124].
„Die gravierten Rillen zeigen im Gegensatz zu frischen
Einritzungen keine Fluoreszenz und sind damit eindeutig verwittert“ [G/K 126].
Katherine Verkooijen
hat bei Prüfungen sog. „amber dust“ festgestellt, für sie ein Zeichen für
moderne Bearbeitung; doch eine Materialanalyse ergab Sedimentreste [G/K 123] bzw. „eindeutige Belege für eine
Verwitterung der Gravuren“ [vgl. G/K 148, 265 f.].
Generell ist Bernstein schwer zu prüfen, weil ihn Luftzutritt verwittern lässt,
aber Objekte „auch nach langer Bodenlagerung »werkfrisch« sein“ können [G/K 123].
Anfänglich wurde das eingeritzte Bild als unbeholfene
Fälschung belächelt, zumal Moosauer eine
nicht gegebene Ähnlichkeit zur Maske des Agamemnons erkennen wollte. Studien
zur Gesichtsdarstellung zeigten, dass lächelnde Gesichter gerade bei
mykenischen Idolen auftreten [G/K 129] und
sich im archaischen Lächeln fortsetzen.
Klar und eindeutig ist der Befund bei den durchlochten
Bernsteinen: Ihre Bohrungen sehen gänzlich anders aus als die scharfkantigen
Löcher, die modernes Werkzeug hinterlässt [G/K
130].
Zwei winzige Goldblechstreifen (Goldlahn) aus dem
Bernsteinsiegel, die nur 0,1 bis 0,55 mm breit sind, verbinden Bernstein- und
Goldfunde [G/K 98]. Die Oberflächen dieser
Goldfunde unterscheiden sich signifikant.
„Die Gleichartigkeit der Bleche und zugleich der Unterschied in
den Gebrauchsspuren der Lahnfragmente aus dem Siegel und den Blechen aus dem
Goldfund lässt als einzige Schlussfolgerung zu, dass die Herstellung aus
denselben Blechen erfolgte, aber die Lahnfragmente aus dem Siegel hinterher im
Gegensatz zu dem Goldfund nach der Herstellung kaum beansprucht wurden. Für
Goldlahne sind solche Phänomene nicht unbekannt“ [G/K
99 f.].
Man staunt, was ein potentieller Fälscher alles beherrscht
haben müsste.
Die
Fälschungsvorwürfe
Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier († November
2016) haben bei ihrer Suche nach eisenzeitlicher Verhüttungsplätzen – ab 1994 [vgl. G/K 276] – die „größte bekannte
bronzezeitliche Befestigung nördlich der Alpen“ [so
die auf Fälschung getrimmte Aussage von wiki y Bronzezeitliche Befestigung bei Bernstorf]
aufgedeckt und wenigstens Teile von ihr vor dem drohenden Kiesabbau retten
können. (Bezeichnenderweise erbrachte die ohnehin schwache
Thermolumineszenz-Methode damals ein Alter von -500 [vgl. G/K 277, dazu auch 279, Fn 22]. Die 1,6 km langen Wälle aus
Holz und Erde sind offensichtlich kurz nach ihrer Errichtung aus unbekanntem
Grund systematisch niedergebrannt worden. 1998 meldeten die beiden
Hobby-Archäologen erste Goldfunde aus Bernstorf. Erwin Neumair († 2015) kommt die zweifelhafte
‘Priorität’ zu, als Leiter des Archäologischen Vereins Freising und
Kreisheimatpfleger 1999 als erster behauptet zu haben, Moosauer habe aus Griechenland
mykenische Funde eingeschleust [G/K 59, 283, Fn
68]. Neumair hielt selbst
die freigelegte bronzezeitlichen Befestigung noch für einen Kohlenmeiler [G/K 16]; vielleicht sah er in ihr Konkurrenz
für seine Entdeckung von Wall- und Grabenanlagen auf dem Freisinger Domberg,
die „zum wohl bedeutendsten Siedlungspunkt Südbayerns in der Bronzezeit“ gehörten
[Goormann-Prugger].
Stefan
Winghart als Leiter des Bayerischen Landesamts für
Denkmalpflege (BLfD) zeigte wenig Engagement, wenn es um den Schutz des
Bernstorfer Erdmonuments ging; er sah vermutlich eine groß angelegte Fälschung.
1997 wurde Gebhard durch einen
Kontakt über die Archäometriegruppe am Forschungsreaktor München (Garching)
eingebunden; er arbeitete damals in der Restaurierungswerkstatt der Archäologischen
Staatssammlung München [G/K 280] und
übernahm das Museum 2010. Den Ankauf der Stücke hat Ludwig Wamser (Direktor 1995–2010) veranlasst. Vor
dem Erwerb, 1999, wurden die Goldfunde selbstverständlich geprüft.
2014 trat dann Pernicka
mit der Behauptung vor, Gold- und Bernsteinfunde seien eindeutige Fälschungen [G/K 18].
„Pernicka hat in Absprache mit der Archäologischen
Staatssammlung München (ASM), nach einer
ersten Analysenreihe am Institut für Geowissenschaften (Frankfurt), eine
weitere Messreihe durchgeführt. Dabei kam er zu abweichenden Ergebnissen und
hat diese gegen die Absprachen mit der ASM
publiziert und nach seinen Vorstellungen ohne die Beteiligung der Archäologen
interpretiert. Dabei sind bei Weitem nicht alle notwendigen Kriterien für eine
fundierte wissenschaftliche Ansprache und Einordnung berücksichtigt worden und
so hat Pernicka den Vorwurf erhoben, dass es sich bei den Bernstorfer
Goldblechen um modernes Gold und damit um Fälschungen handeln müsse. Diesen
Vorwurf hat er hartnäckig auch zusammen mit Meller mehrmals wiederholt und mit
alten und überholten Erkenntnissen zu untermauern versucht“ [G/K 23].
Nur auf seine Messungen als Chemiker und Archäometallurg
gestützt, vertrat er 2016 seine Meinung, diese Funde „unverzüglich aus jeder
weiteren Diskussion zu nehmen“ [G/K 18],
wie er es 2014 auch vor dem Archäologischen Verein Freising und in der Archäologischen
Staatssammlung München getan hat. Ihr Leiter wirft Pernicka nun vor:
„Er übernimmt dabei wie so oft zugleich die Rolle des
»Archäologen«, die seine scheinbar breit angelegte Kompetenz in dem Beitrag
weiter unterstreicht. Beides stellt jedoch eine fatale Fehleinschätzung dar“ [G/K 20].
Obendrein beobachtet Gebhard
[G/K 21]:
„Insofern ist der vermeintlich »naturwissenschaftliche« Versuch
zum Schmelzen eines Goldblechs in diesem Zusammenhang sinnlos und dient nur der
suggestiven Untermauerung einer in archäologischer Unkenntnis aufgestellten
Behauptung. [...] Dieses Beispiel macht
deutlich, dass Pernicka an einer präzisen archäologischen Diskussion nicht
teilnimmt.“
Vielmehr geht es ihm „um die Beibehaltung und Verfechtung
einer persönlichen Meinung“, auch um „die Einbeziehung fiktiver Behauptungen“ [G/K 19].
So ist Pernicka
der prominenteste wie penetranteste Vertreter der Fälschungsthese. Er fand es
gut, die Fälschungsvorwürfe für Bernstorf möglichst breit zu platzieren und
gerade auch in Freising (und München) vorzutragen. Rechtzeitig vor dem
angekündigten Erscheinen des Bernstorf-Buches wurde in Spiegel-Online seine
Sicht einer Fälschung verbreitet [Neumann, 18.
06. 2016]. Bösartig wurde es, als genau am Tag der Buchvorstellung ein
weiterer, sich unabhängig gebender Spiegel-Online-Artikel
erschien. Das neue Buch, gerade erst vorgestellt und von der Autorin
bestenfalls entgegengenommen, „birgt keine wirklich[e] Überraschung“ [Neumann, 09. 01. 2017], worauf die Journalistin
im Boulevard-Stil fortfährt – „Zu unterhaltsam sind die Gerüchte, die sich
darum ranken“ – und die Rufmordkampagne an Moosauer
unbeirrt fortsetzt. Die Münchner SZ gab am nächsten Tag die Quintessenz
des Buches und die Leiden der Bernstorf-Forscher wieder:
„Zwei Experten sind nach jahrelanger Forschung sicher: Die Gold-
und Bernsteinfunde von der bronzezeitlichen Befestigung Bernstorf bei Kranzberg
sind echt. [...] dass mit der Vorstellung
ihres Forschungsbandes die Kritiker verstummen werden, glauben auch Gebhard und
Krause nicht. »Ein sachlicher Austausch der Argumente wird zunehmend
schwierig«, schreiben sie in der Einleitung ihres Sammelbandes, »da die
Trennung in zwei sich diametral gegenüberstehende Positionen inzwischen fast 20
Jahre andauert«“ [Bernstein].
Pernicka wird
uns unten bei Nebra als Verfechter der Echtheit der dortigen Befunde begegnen.
Resümee für Bernstorf
Aus Sicht von Gebhard und Krause ist klar:
„Im Fall von Bernstorf sind wir der Meinung, dass auf der
Grundlage der durchaus differenzierten Auffindungsgeschichte und der
verschiedenen materialkundlichen Untersuchungen und naturwissenschaftlichen
Analysen sowie kulturgeschichtlichen Überlegungen eine Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen
Mitteln und Grundlagen zielführend und lohnend ist“ [G/K 64].
So wurden die Fälschungsargumente Pernickas – angeblich bis zu 15, de facto nur vier [G/K 19, 145] – der Reihe nach abgearbeitet:
„1)
Die chemische Zusammensetzung des Goldes;
2)
Die 14C-Datierung von
organischen Materialien;
3) Eine Autopsie der Bernsteinfunde und deren
direkter Bezug zum Goldfund;
4) Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Finder und
ihrer Darstellung der Fundgeschichte“ [G/K 145].
„Fasst man die Diskussion dieser zentralen
vier Punkte zusammen, so lassen sich unter den bislang öffentlich vorgetragenen
Vorwürfen keine stichhaltigen Argumente finden, die für eine Fälschung
sprechen“ [G/K 146].
Um jede Unkorrektheit möglichst
auszuschließen, werden im Buch auf fünf nachfolgenden Seiten sämtliche
Untersuchungsergebnisse noch einmal angesprochen.
Der „Superfälscher“
Anders als der desavouierende Spiegel-Online-Artikel
hat sich Ulf von Rauchhaupt
in der F.A.Z. mit dem Buch auseinandergesetzt und seine kluge Rezension
mit einem Rätselsatz beendet:
„Wenn die Bernstorfer Fundstücke Fälschungen sind, sind sie
extrem gut gemacht. Dann war hier kein Laie am Werk, sondern jemand, der sich
exzellent mit bronzezeitlichem Material auskannte, die Bleche mit
bronzezeitlichen Methoden bearbeitete und selbst über solche arkanen Details informiert
war wie die Tatsache, dass Goldobjekte im Boden mit der Zeit Goldatome an das
umgebende Erdreich abgeben, wo sie auch in Bernstorf tatsächlich nachgewiesen
wurden. Es wäre jemand, der in der Lage gewesen sein müsste, selbst
ausgewiesene Fachleute wie Krause und Gebhard zu täuschen. Wenn man sich die
Frage, ob so ein Superfälscher eine plausible Figur ist, nicht stellen möchte,
muss man jetzt die anderen Fragen beantworten“ [Rauchhaupt].
Wenn man gleichwohl die Frage nach dem „Superfälscher“
sofort stellt, erübrigen sich möglicherweise die anderen Antworten. Wie dem für
die Nebra-Scheibe zuständige Landesamt für Denkmalpflege „Der Aufwand des
Fälschers“ ein eigener Abschnitt wert war [lda y Naturwissenschaftliche Untersuchungen y Echtheit und Datierung], so haben sich auch Gebhard und Krause öfters die Fälschungsfrage gestellt und zu ihrer
Beantwortung eine große Tabelle zusammengestellt [G/K
148], Von ihr wird hier nur die Spalte „Besondere Erfordernisse“
abgedruckt (unter Weglassung des häufig genannten Rasterelektronenmikroskops):
„hohe Erfahrung
in handwerklicher [Gold-]Blechherstellung und Umgang mit einfachen Werkzeugen
(Stein, Knochen, Holz) [...]
Manipulation im
Mikrobereich [Zuschnitt des Goldblechs] [...]
Archäologische
Spezialkenntnisse bronzezeitlicher Motive
Spezialkenntnisse
zur Erzeugung von Goldumbildungen im Mikrobereich [...]
Erzeugung von
Mikrospuren [organischer Auflagen auf dem Gold]
Zugang zu einem
bronzezeitlichen, verkohlten Holzstab mit bekanntem 14C-Datum aus
dem 14. Jh. v. Chr.
Archäologische
Kenntnisse bronzezeitlicher Deponierungssitten [Faltung und Teilzerstückelung
der Goldbleche]
Bodenkundliche
Fachkenntnisse, Detailkenntnisse zum Tschernobyl-Fallout [...]
Zuschnitt von
Feinstdrähten inkl. Alterung der Schnittkanten [bei dem Bernsteinsiegel mit
Goldlahn in Lochung] [...]
Spezialkenntnisse
Mykenologie [beim Beschriften des Bernsteins]
Spezialkenntnisse
zur Fluoreszenz von bearbeiteten Bernsteinen
Kenntnisse der
Ikonographie mykenischer Kultbilder“ [G/K 148].
Auch Manipulationen mit Anhaftungen an den Objekten würden
„ohne ausgezeichnete bodenkundliche Kenntnisse“ [G/K
122] nicht möglich sein. Das trifft insbesondere für die erhöhte
„Goldkonzentration in dem untersuchten Sedimentmantel zu, da
dieses Phänomen weitgehend unbekannt und unerforscht war, als die Stücke
geborgen wurden“ [G/K 122].
Der Fälscher hätte auch wissen müssen, dass
Fluoreszenzerscheinungen an Bernstein in einigen Jahren nachprüfbar sein werden
[G/K 123 f.], wie er die
Gesichtsdarstellung einigermaßen unbekannter Idole mit wohlgemerkt altem
Werkzeug nachvollzogen hätte [G/K 129, 175],
um gegenüber zukünftigen Untersuchungsmethoden gewappnet zu sein. Er hätte auch
antizipierend geahnt, dass bei den Grabungen 2002 und 2010/11 an der Innenseite
der Mauer deponierte Keramikgefäße entdeckt würden [vgl.
G/K 142]. Da eine Fälschung ins bekannte Ensemble passen sollte, würde
ein Fälscher eigentlich nicht zu anderen Punzen greifen, als sie vom
mykenischen Schmuck her bekannt sind. Er hätte auch kein lächelndes, ja
lachhaftes Gesicht in den Bernstein geschnitzt.
Trotz aller detailbezogener List wäre der Superfälscher
aber nicht auf die zentrale Idee gekommen, sich antikes Gold zu besorgen, das
im Internet leicht erhältlich ist [G/K 151].
Hinzu tritt die notwendige Arbeitszeit für den fälschenden ‘Superman’. Wenn es
darum gegangen sein sollte, das drohende Wegbaggern der bronzezeitlichen
Wallanlage zu verhindern, dann hätte die Uhr frühestens ab dem 1. April 1998
getickt: Damals stellte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege dem
weiteren Kiesabbau „nichts in den Weg“ [G/K 294].
Doch darüber wurde noch von Ende April [G/K 295]
bis Juli gestritten; der erste Goldfund wurde für den 07. 08. 1998 gemeldet [G/K 150 f.].
„Der enge Zeitrahmen der Ereignisse zeigt, dass auch den Findern
für die Anfertigung einer perfekten Fälschung nur ein sehr kleines Zeitfenster
von wenigen Wochen zur Verfügung gestanden hätte“ [G/K
151].
All das wirkt sehr plausibel.
Gleichwohl blieb die auch hier voreingenommene Wikipedia auf Seiten Pernickas: Die Funde „stehen nach
verschiedenen Untersuchungen mittlerweile unter erheblichem
Fälschungsverdacht“. Ohne Lektüre der 319 Buchseiten rückte der zuständige Wikipedia-Autor
unter Bezug auf v. Rauchhaupts
Rezension nur den Passus ein:
„Eine Veröffentlichung wissenschaftlicher Aufsätze zur Thematik
wurde am 9. Januar 2017 der Öffentlichkeit als eine Verteidigungsschrift gegen
Pernicka vorgestellt, konnte aber den Fälschungsverdacht nicht ausräumen“ [wiki y
Bronzezeitliche Befestigung bei Bernstorf; gelesen am 25. 01.].
Nun hat die Auffindungsgeschichte der verschiedenen Gold-
und Bernsteinfunde ihre bekannten, oft ausgebreiteten Schwächen, die auch in
dem Band von Gebhard/Krause klar
dargelegt werden, sogar mit Faksimiles von Protokollen und Berichten. Doch
damit steht Bernstorf keineswegs allein.
Nebras dubiose
Fundgeschichte
Ernst
Pernicka – „Der Wissenschaftler [...]
bewies die Echtheit der Himmelsscheibe von Nebra“
[Heidelberg] – hat seinen Ruf mit der umstrittenen Himmelsscheibe von
Nebra verknüpft und muss es hinnehmen, dass die dubiose Auffindungsgeschichte
in Bernstorf mit der noch dubioseren Auffindungsgeschichte in Nebra (alias
Sangersdorf alias Kleinwangen bzw. Wangen) verglichen wird.
Im Falle der Himmelsscheibe braucht es sehr viel naives
Gottvertrauen, um trotz der widersprüchlichen Aussagen der Raubgräber an den
Fundort auf dem Mittelberg und an einen Depotfund zu glauben, der neben der
Scheibe zwei Schwerter, zwei Randleistenbeile, einen Meißel und zwei
Armspiralen umfasste, alles aus Bronze gefertigt, wie Harald Meller [= M] sehr schön illustriert [M. 94 f.; dito lfd]. Das beginnt schon
damit, dass die beiden Raubgräber anfangs davon sprachen, dass der Fundort in
der Nähe von Sangerhausen liege – die Ortskerne von Sangerhausen und Nebra
liegen jedoch 24 km auseinander. Insofern gibt es im Internet Überschriften
„Wie aus der Sternenscheibe von Sangerhausen die Himmelsscheibe von Nebra
wurde“ [Budnik], während das Standardwerk
von Harald Meller,
Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt, diesen wichtigen Sachverhalt übergeht [vgl. M. 22]. Um gleichermaßen Hortfund und
Fundort zu bestätigen, verzichtete man auf die mögliche Prüfung größerer
Bodenanhaftungen an den Schwertern, nahm eine Bodenprobe und beschränkte sich
auf 0,113 g Anhaftung an der Scheibe [G/K 35],
von denen die grobe Sand- und Siltfraktion noch das meiste ausmacht [G/K 314]. Die zu erwartende Goldanreicherung
im Boden wurde nicht beziffert, doch als „signifikant höher“ bezeichnet [G/K 37]. Die einander diametral
widersprechenden Aussagen der Raubgräber wurden souverän auf ein Loch am
Mittelberg bezogen, das wohl Meller
in die Diskussion einbrachte und durchsetzte [Müller-Straten,
22]. Hier gibt es einen flachen, 160 m durchmessenden Ringwall,
allerdings ein volles Jahrtausend jünger, und mit einigem Abstand zwei gerade
Wälle, wohl älter als die ominöse Datierung -1600 [ebd.].
Gebhard und Krause zeigen, wie aus einer
undatierbaren Scheibe ein frühbronzezeitliches Weltwunder, ein Weltdokumentenerbe
gemacht wurde: indem man die Versionen der Raubgräber über einen
datierungsgebenden Hortfund akzeptierte. Dagegen hatte Pernicka selbst Einwände erhoben:
„Die Bleiisotopenverhältnisse sind allerdings sehr
unterschiedlich, so dass eine gleichzeitige Herstellung aller Teile des
Hortfundes sehr unwahrscheinlich ist“ [Pernicka
lt. Riederer, G/K 312].
Wenn wenigstens die Metallbefunde gestimmt hätten. Aber
Edelmetallurge Pernicka musste
mehrfach nachbessern: Stammte das Gold nach seinen ersten Analysen aus
Siebenbürgen [Pernicka in M. 37], sah Gregor Borg 2010 ein Gemenge „aus
thüringischem Seifengold, Edergold und Siebenbürgischem Gold“ [G/K 38]. 2014 änderte Pernicka für alle Goldapplikationen der Scheibe die Herkunft
auf Cornwall [vgl. Illig 2014, 639 f.].
Hatte er 2006 noch verlautbart: „Es deutet daher alles darauf hin, dass die
Himmelsscheibe aus regional verfügbaren Metallen in Mitteleuropa hergestellt
wurde“ [Pernicka in M. 37], stammt nur
noch das Kupfer aus Tirol oder Salzburg, während Gold und Zinn aus Cornwall
stammen. Damit ist die Scheibe zu einem ‘Exoten’ geworden, dessen Ingredienzien
rund 1.100 km Luftlinie über Meer und Land importiert werden mussten.
Bezüglich des Zinns gibt es eine weitere Erkenntnis aus dem
Hause Pernicka: Die Zinn-Isotopen-Forschung
hat sich überschätzt, denn sie kann gar nicht z.B. zwischen Zinn aus Cornwall
und Zinn aus dem Erzgebirge unterscheiden [Marahrens/Pernicka
u.a. 2016; vgl. Heinitz, ###]. Pernicka
hat damit seine früheren Regionalzuweisungen für Zinn selbst widerlegt.
Bei der Herkunft wurde bereits früher ein massives Problem
gesehen, das sich mit Cornwall noch viel gewichtiger auftürmt:
„Dass sich die Fälscher unverdächtige Ro[h]materialien beschafft
haben könnten, belegt auch der Nachweis, dass das Kupfer der Scheibe aus den
salzburger Alpen (Mitterberg bei Bischofshofen), das Gold aus den Karpaten
kommt. Da es in den salzburger Alpen reichlich Gold gibt (Tauerngold) ist es
unverständlich, warum an einem angeblich echten Objekt nicht Kupfer und Gold
aus der gleichen Region vorkommt. In Ungarn/Rumänien gibt es reiche
Kupferlagerstätten, so dass es ebenso undenkbar ist, dass eine Scheibe, die mit
Gold aus den Karpaten verziert ist aus alpinem Kupfer hergestellt ist“ [Maschinengetippte Stellungnahme von Prof. Josef
Riederer von 2005, im Faksimile mit Schreibfehlern; G/K 308].
Laut Meller [23] gab es in Nebra keine Probleme:
„Die erste und prinzipielle Frage nach der Echtheit der
Himmelsscheibe und ihrer Beifunde wurde durch naturwissenschaftliche
Untersuchungen in kürzester Zeit positiv geklärt. Gleiches galt für die
Zusammengehörigkeit des Fundkomplexes aufgrund der identischen
Bodenanhaftungen. Da das Alter der Beifunde archäologisch gut zu bestimmen ist,
ergab sich somit für die Niederlegung der Himmelsscheibe ein Datum um 1600 v.
Chr.“
Es brauchte nur deshalb „kürzeste Zeit“, weil lediglich
geprüft wurde, ob die Scheibe messbare Radioaktivität enthielt. Wenn sie fehlt,
muss das Metall vor mehr als 100 Jahren verhüttet worden sein [Pernicka in M. 34]. Sie enthielt keine. Doch
was besagt dies? Wenn ein Fälscher sich altes Material besorgt hat, was in
Zeiten des Internets nicht schwer ist, dann kann er die Scheibe ein paar Jahre
zuvor gegossen und geschmiedet haben, ohne sich wegen radioaktiver Spuren
Sorgen machen zu müssen. Es könnte selbstverständlich auch eine keltische
Scheibe sein – hat doch Josef M. Mayer
[2014] auch zahlreiche Vergleiche zu
keltischer Kunst angestellt, aber die Datierung der Scheibe bestätigt –, die
irgendwo gefunden und durch die Schwerter veraltet worden ist.
Bei den Beifunden fiel auf, dass die beiden Schwerter
Chloridpatina zeigen, der Meißel hingegen Edelpatina, was gemeinsame Lagerung
praktisch ausschließt [G/K 32 f., Fn 56].
Ebenso fiel die Malachitpatina der Scheibe auf, die senkrecht im Boden
gestanden haben soll, nur „3-5 cm unter der Oberfläche“ [G/K 27] (und nur 40 cm vom Rand eines neuzeitlichen
Kohlenmeilerplatzes entfernt [G/K 42]).
c. „Am Mittelberg liegt
über dem Verwitterungsboden eine 15 - 20 cm dicke Humusschicht. Wenn die
Scheibe 5 cm unter dem Boden lag, dann befanden sich 1/3 der Scheibe im Humus
(der aus verwittertem Laub, Gras und ähnlicher Vegetation entstanden ist), 2/3
im völlig andersartigen alten Boden. Dies hätte bewirken müssen, dass sich auf
der Scheibe diese Grenze abzeichnet,
d. wäre sie nie
vollständig vergraben gewesen, da sich die 15 cm Humusschicht durch
Verwitterung der Blätter usw. erst nach der Bronzezeit und nach der bronzezeitlichen
Nutzung des Mittelberges gebildet hat“ [Riederer-Stellungnahme
2005 in G/K 129].
Ob eine Malachitpatina künstlich erzeugt werden kann, ist
strittig. Während nach Laboruntersuchungen von Wunderlich
die Herstellung möglich ist [G/K 308],
vertritt man in Halle die Ansicht, dass es bislang nicht möglich sei [lda y Echtheit und Datierung].
Ganz unklar ist der Umstand, wie die Goldapplikationen auf
einer bronzenen, also goldfarbenen Bronzescheibe hätten wirken sollen, anders
als auf der heutigen dunkelgrünen Malachitpatina (aus basischem Kupfercarbonat
und Kassiterit = Zinnstein [lda]),
die sich sogar auf wie unter den Goldeinlagen gebildet hat. Um zum zwingend
notwendigen Kontrast zu kommen, muss für die ursprüngliche Scheibe „eine
dunkelbraune bis schwarze Färbung“ unterstellt und auch für den Andenkenladen
rekonstruiert werden; sie ist jedoch nicht nachgewiesen [M. 23]. „Sind ähnliche Materialkombinationen aus der
Vorgeschichte bekannt? Nein“ [M-S 24].
Kunsthistoriker Christian Müller-Straten spricht deshalb von
„restauratorisch-archäologischer Selbsttäuschung“ [ebd.].
Überraschend schlecht ist die Fundlage bei den Bodenproben,
die vom vermuteten Raubgrabungsloch, von einem der Schwerter und zu einem
späteren Zeitpunkt von einem der Beile genommen worden sind. Davon gibt es auch
zehn Jahre nach den Prozessen noch keine detaillierte Angaben.
„Da bis zum jetzigen Zeitpunkt die beiden Abschlussberichte
trotz mehrfacher Ankündigungen nicht vorliegen, kann die Vorgehensweise derzeit
nur anhand der in den Gerichtsverfahren vorgelegten Dokumente dargestellt
werden“ [G/K 33].
Ein weiterer Befund hat keine Beweiskraft:
„In einem der Griffe der Schwerter fanden sich Reste von
Birkenrinde, die einst offenbar zur Fixierung des Griffes genutzt worden ist.
Die Rinde konnte mit der Radiokohlenstoff-Methode auf die Zeit zwischen 1500
und 1650 v. Chr. datiert werden. Damit ist die Himmelsscheibe mindestens so alt
wie Schwerter und Beile, wahrscheinlich aber um einige Zeit älter; worauf die
mehrfachen Veränderungen in antiker Zeit hindeuten“ [lda y Echtheit
und Datierung].
Nachdem der zeitgleiche Hortfund bislang nicht bestätigt
ist, hilft auch diese Information bei der Datierung der Scheibe nicht weiter.
An der Scheibe konnte eine Anhaftung im Gewicht von 0,113 g (= 113 Milligramm)
geprüft werden, mit der niemals zu beweisen ist, dass der Fund allein vom
Mittelberg stammen könne [G/K 35]. Ganz im
Gegenteil hat ein Gutachten erbracht, dass die Scheibe und ein Schwert nicht
aus demselben Boden stammen [G/K 35]. Da
zudem die beiden Abschlussberichte zur 2002 begonnenen Grabung bis heute nicht
vorliegen, lässt sich klar sagen: Es gab nie einen Hortfund, der aus Scheibe,
zwei Schwertern und einigen anderen Teilen bestanden hätte! Das ist nicht neu,
hat doch Prof. Josef Riederer
– bis 2004 Direktor des Rathgen-Forschungslabors in Berlin – bereits
2005 in seiner Stellungnahme u. a. darauf hingewiesen und angefügt:
„Mein persönlicher Eindruck ist, dass Herr Meller selbst ahnt,
dass die Objekte nicht zusammengehören, da er zahlreiche Gutachten (22
Gutachten von 18 Naturwissenschaftlern) und die unnötige Radiokarbonanalyse an
der Birkenrinde des unzweifelhaft und nie bestritten 3600 Jahre alten Schwertes
in Auftrag gegeben hat, um den Anschein der wissenschaftlichen Seriosität zu
erwecken, wobei die Gutachten lediglich die bronzezeitliche Herkunft, die ihm
von vorne herein klar war, beweisen, nicht aber die Zusammengehörigkeit des
Fundes und die Herkunft aus Mitteldeutschland“ [G/K
310].
Mangels ausreichender Anhaftungen und mangels gesicherter
Beifunde kann das Alter der Scheibe nicht bestimmt werden. Sogar auf der
Website des Landesamts für Denkmalschutz wird eingeräumt: „Die Himmelsscheibe
selbst kann weder typologisch noch naturwissenschaftlich direkt datiert werden“
[lda y Echtheit und Datierung; M-S 27], zumal die
Machart der Scheibe viel gröber ist als die der Schwerter, die wiederum weniger
in Mitteldeutschland, sondern im Karpatenbecken und in Nordeuropa verbreitet
waren [G/K 32]. Seltsamerweise hat Meller in seinem groß angelegten
Himmelsscheiben-Werk auf 207 Seiten zwar Aufsätze über Stabdolche oder über
nordische Krummschwerter, aber keinen über Aunjetitzer Schwerter aufgenommen.
Man hätte doch gerne gewusst, wo solche „Prunkwaffen, die nicht zum Kampf genutzt
wurden“ [M. 23] außer bei Nebra noch
gefunden worden sind. Die beiden einzigen Schwerter, die Meller [139
f.] abbildet, sind keine Prunkwaffen, sondern eine korrodierte
Schwertklinge aus dem thüringischen Sachsenburg und die Klinge eines
Kurzschwertes aus Sangerhausen. Drei vergleichbare Prunkdolche aus Schottland
stammen aus der Zeit zwischen -2050 und -1700, „sind also älter als die Nebra-Schwerter
und können nicht direkt mit ihnen in Verbindung gebracht werden“ [M. 176]. Auf der Website des zuständigen Landesamtes
wird vermerkt:
„Die Schwerter von Nebra bilden nach ihrer Form eine
Eigenschöpfung, eine Mischung aus südost- und nordeuropäischen Elementen, wie
wir sie in einigen weniger kostbaren Waffen aus Deutschland zwischen 1700 und
1500 v. Chr. kennen“ [lda].
Dem wäre also durchaus nachzugehen gewesen. 2006 deutete für
Pernicka noch alles darauf hin,
„dass die Himmelsscheibe aus regional verfügbaren Metallen in Mitteleuropa
hergestellt wurde“ [M. 37]. So auch
Archäoastronom Wolfhard Schlosser:
„Die Materialien sind hier im Prinzip auch zu Hause, das Kupfer
könnte man aus dem Mansfelder Land nehmen, das Gold könnte man aus der Unstrut
heraus waschen, und auch das Zinn ist im Erzgebirge vorhanden. Nur, wie die
Kollegen in der Metallurgie festgestellt haben, sind diese Metalle offensichtlich
nicht lokal gewonnen worden“ [Mack].
Mehr als nur erwähnenswert: Die
Aunjetitzer Kultur wird östlich der Weser gefunden, entlang von Elbe und Oder
bis ins Karpatenbecker und bis Esztergom an der Donau. Damit war Pernickas Hinweis auf Siebenbürgen für
das Gold der Scheibe [Pernicka in M. 37]
leidlich kompatibel. Mittlerweile müssen bislang unbekannte Handelsbeziehungen
zwischen dem bronzezeitlichen Cornwall und dem Gebiet an Unstrut und Elbe
postuliert werden, um die Herstellung der Scheibe zu erklären.
Das angeblich rituelle Vergraben hätte in der Bronzezeit an
einem Ort stattgefunden, an dem nichts Zeitgleiches zu finden war. Ergo „ist zu
vermuten, dass der Schatz in einem umhegten heiligen Bezirk niedergelegt worden
war“ [lfd]. Das lässt sich nur glauben.
Das Ausgraben von 8.900 m² auf dem Mittelberg erbrachte
„die Reste neuzeitlicher Kohlenmeiler und eisenzeitliche Funde.
Die Wallanlage datiert ebenfalls in die Eisenzeit. Bronzezeitliche Funde und
Befunde liegen nicht vor oder sind nicht veröffentlicht“ [G/K 42, Fn 112].
Das wird zu Recht als Manko empfunden. Vielleicht wurde
deshalb 2015 von Meller eine neue
Sensation in Umlauf gebracht: ein direkter Bezug zum bereits 1874 ausgeraubte
Grabhügel Bornhöck bei Dieskau, von dessen vermutlich 13 Goldobjekten noch fünf
erhalten sind und seit Kriegsende in Moskau liegen.
„Auf einem Feld bei Dieskau in Sachsen-Anhalt haben Archäologen
möglicherweise das gut 3800 Jahre alte Grab des Herrschers entdeckt, der die
Himmelsscheibe von Nebra besaß. »Gewissheit, dass hier der ‘Vater der
Himmelsscheibe’ lag, wird die Auswertung der Goldanalysen der Grabbeigaben
bringen«, sagte Landesarchäologe Harald Meller an der Grabungsstelle. »Sollte
die Zusammensetzung des Goldes identisch mit dem der Himmelsscheibe sein, ist
der komplette Beweis erbracht.« Das Ergebnis werde Anfang 2016 erwartet“ [SZ].
Es geht auch noch pseudo-konkreter [Schöne]:
„So ergaben zum Beispiel in Dieskau (Saalekreis) Grabungen am
dortigen Fürstengrab, dem sogenannten »Bornhöck«, dass der dort bestattete
Herrscher einst die über 3.600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra in Auftrag
gegeben hatte – also quasi der »Vater der Himmelsscheibe« ist“.
Hier möchte man sogar Auftraggeber und Vater kennen. Das 30
km von Nebra entfernte Hügelgrab Bornhöck scheint passend, weil der Hügel
ursprünglich 15 m hoch war und einen Goldfund enthielt. Der komplette Beweis
ist bislang nicht gelungen, zumal Materialanalysen nur einen Werkstoff
charakterisieren können [G/K 39, Fn 92]. Meller teilte Monate nach dem von ihm
genannten Termin, im August 2016 mit: „Direkte Beweise fehlen zwar, aber die
These stehe auf guten Füßen. »Weitere Untersuchungen laufen noch«, so Meller“ [mdr]. Es geht sogar noch ‘präziser’:
„Metallurgische Untersuchungen des für die Scheibe verwandten
Goldes zeigen, dass es aus der gleichen Mine in Cornwall stammt wie die
Schmucknadeln, die in zwei anderen, deutlich kleineren Hügelgräbern gefunden wurden,
in Leubingen (Thüringen) und in Helmsdorf (Sachsen-Anhalt). Aus dem Tumulus von
Dieskau haben sich keine Nadeln erhalten, sodass eine Isotopen-Analyse nicht
möglich ist. Wohl aber hat diese bei den Armringen aus allen drei Grabhügeln
ergeben, dass ihr Gold ebenfalls eine gemeinsame Quelle hat. Offenbar achteten
die Eliten jener Zeit darauf, das Formen und Werkstoff ihrer kostbaren Stücke
eine Einheit bildeten. Die verlorenen Schmucknadeln von Dieskau, sagt Meller,
dürften daher aus dem gleichen Gold gewesen sein wie die übrigen – und die
Himmelsscheibe“ [Seewald].
Nun zeugen sogar nichtexistente Schmucknadeln für den
Fürsten von Goseck. Ein anderer bezweifelter Zeuge ist die Goldscheibe von
Moordorf bzw. Aurich. Auch bei ihr hat Pernicka
2016 eine Fälschung wegen des feinen Goldes unterstellt [vgl. G/K 83 f., 139]; hier kommt hinzu, dass beim Kopieren
vielleicht sogar das Original vertauscht worden ist [G/K 83 f., 139]. Wäre dann die eine Scheibe vor 1910, die andere
vor 1998 gefälscht worden? [vgl. G/K 141].
Andererseits tauchten damals im Antiquitätenhandel entsprechende Scheiben auf,
die zu einer Neubewertung führen könnten [Internet-Seiten
ohne allgemeinen Zugang]. Es gilt:
„Artefakte aus sehr reinem Gold können keinesfalls allein auf
der Grundlage einer Analyse als modern gewonnenes Gold und damit als Fälschung
abgetan werden. Die Erklärung, wie dieses Gold hergestellt wurde, bedarf einer
umfangreicheren Analyse aller Faktoren, wie sie in diesem Band vorgenommen
wird“ [G/K 141].
Ein abschließender
Vergleich
Wer für Bernstorf die
Fundauffindung für fälschungsträchtig hält, der muss nach den 19 Nebra-Seiten
aus dem Buch von Gebhard und Krause [G/K
25-43] zur Kenntnis nehmen, dass die Fundauffindungsumstände für Nebra
noch fragwürdiger sind, die Echtheit der Himmelsscheibe also mindestens ebenso
zweifelhaft ist wie die der Bernstorfer Funde. Dazu die Abschrift eines
Vergleichstableaus [G/K 43]:
Müller-Straten
hat bereits im Jahr 2015 massive Zweifel an dem Weltdokumentenerbe angemeldet.
Der Unterschied liegt darin: Im Falle der Sternenscheibe gab es angesichts der
rätselhaften Darstellung [vgl. Mayer]
trotz beliebig vieler Einhakmöglichkeiten relativ wenige Zweifler, zumindest
keine penetranten, während es im Falle von Bernstorf vorwiegend Zweifler gab,
von denen einige äußerst penetrant sind. Für die Nebra-Scheibe hat sich das
zuständige Landesamt Gedanken über eine mögliche Fälschung gemacht:
„Einige der oben angeführten Kriterien für einen echten Fund
könnte ein intelligenter Fälscher vielleicht mit gewissem Aufwand umgehen, andere
nach bisherigem Kenntnisstand (z. B. Korrosion) nicht. Auf jeden Fall müsste
der Fälscher, damit sein Werk allen hier angewandten Prüfkriterien gerecht
wird, einen immensen Aufwand betreiben. Nicht ein kleinster Fehler dürfte ihm
dabei unterlaufen. Machen wir einmal das Gedankenexperiment:
Eine »alte Legierung« ließe sich evtl. noch aus Altfunden zusammenschmelzen,
die aber eine eindeutige Herkunft haben müssen, d. h. alle z. B. aus der
Mitterbergregion [corr. Mittel-; HI]
stammen. Aus neuem Erz gleicher Herkunft (die Lagerstätte ist aber leider
abgebaut) kann er das Metall nicht zusammenschmelzen, denn dann würde der
Blei210-Test versagen. Dann muss er natürliche Goldnuggets der richtigen Region
besorgen, die Himmelsscheibe mit prähistorischer Technik schmieden und die
Bleche einlegen. Um ein komplexes astronomisches Programm zu entwickeln,
empfiehlt sich die Beratung mit mehreren erfahrenen Archäoastronomen. Dann
werden in ebensolcher Weise die Beifunde hergestellt. Frühbronzezeitliche
Birkenrinde, deren 14C-Alter vorher korrekt bestimmt wurde, werden in die
Schwertgriffe gesteckt. Man kann aber auch ein 14C-Alter fälschen: Dazu wird
ein Gewächshaus errichtet, mit Birkensämlingen bestückt und mit einer
isotopisch korrekten 14C-Kohlendioxid- Mischung begast. Nach 20 Jahren Wachstum
in 14C-Bronzeluft kann die bronzezeitliche Birkenrinde geerntet werden. Dann
werden die Funde künstlich korrodiert, mit dicht kristalliner Malachitpatina.
Das geht nach heutigem Kenntnisstand nicht, ebensowenig kann man dabei auf die
Schnelle die Bodenanhaftungen vom richtigen Fundort in die Korrosion einwachsen
lassen. Den Fundort hat man nach den astronomischen Besonderheiten geschickt
ausgewählt. Ist der Fund dort vergraben, dotiert man die umliegende Erde noch
gleichmäßig mit Spuren von Gold und Kupfer und harrt geduldig der Entdeckung“ [lda y Echtheit und Datierung].
Trotzdem kann die Scheibe antik sein (Patinabildung), aber
weder aus einem Hortfund noch aus dem Grabungsloch auf dem Mittelberg stammen.
Plausibler erschiene die keltische Zeit ab dem -3. Jh., wenn die Kelten der
britischen Insel mit denen auf dem Festland in Verbindung stehen.
Weitere
Literatur
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wiki = Wikipedia Die freie Enzyklopädie
http://de.www.wikipedia.org/wiki/ y Artikel